Aki Kaurismäki
Schauspiel.
In London fristet der Franzose Henri Boulanger sein kümmerliches Dasein in einer tristen und spärlich eingerichteten Wohnung mit Blick auf eine Backsteinmauer. Er hat einen öden Job als kleiner Angestellter, bei dem er endlos riesige Aktenberge von einem Stapel zum anderen abarbeitet. Ein Mensch ohne Freunde und Adreßbuch. Nachdem ihm fristlos gekündigt wurde, beschließt Boulanger, der Mann, der nie etwas gewagt und nichts zu verlieren hat, sich umzubringen. Doch selbst dabei scheitert er kläglich. Ein "Spezialist" muß her! In einer Spelunke heuert er den Profikiller Harry an, der ihn zu einer unbestimmten Zeit töten soll. Doch dann geschieht zum ersten Mal in Boulangers Leben etwas Ungewöhnliches: er verliebt sich in die Rosenverkäuferin Margaret und will in aufkeimender Lebensfreude den Auftrag rückgängig machen. Die Tötungs-maschinerie aber läßt sich nicht so einfach aufhalten . . . ein schwarzer Krimi a lá Film Noir voller absurder Begegnungen und skurrilen Humors. Frei nach Kaurismäkis Motto: “Das Leben ist hart, aber lustig“!
Inszenierung | Kathrin Sievers
Ausstattung | Annette Wolf
Mit | Florian Bender [Henri Boulanger] | Sven Heiß [Der Killer / Ali Özgentürk / Pfandleiher / Pete / Stimme Juwelier ] | Monika Hess-Zanger [Kollegin / Sekretärin / Vermieterin / Chefin von Pete und Al / Kellnerin / Bankangestellte / Sonnenbrillen- Verkäuferin] | Jens Ulrich Seffen [U-Bahn-Fahrgast / Abteilungsleiter / Verkäufer / Zeitungsverkäufer / Taxifahrer / Al / Gast / Mann an der Rezeption / Frank / Vic] | Sabrina vor der Sielhorst [Margaret / junge Frau in der U-Bahn / Stripperin / Fotografin / Kollegin / Stimme der Tochter des Killers] |
Wiederaufnahme | Dienstag, 21. September 2010
WBT_ SAAL
PRESSESTIMMEN
Henry ist ein Verlierer, hinterlässt keine Spuren, setzt keine Zeichen. Wo die Kamera in dem Film Noir wunderbar mit Bildern arbeiten kann, muss für die Bühne eine andere Idee her. Mit dem Drehbuch Aki Kaurismäkis als Grundlage, überträgt Sievers diese pfiffig auf Benders Schauspielkollegen und lässt sie, am Bühnenrand vor dem Mikrofon stehend, alle möglichen Geräusche imitieren, dass es eine wahre Freude ist. Da tropft der Wasserhahn, da pfeift der Wasserkessel, da rasen die Autos, da bimmelt die Straßenbahn. Selbst Henrys Magen knurrt nicht von selbst. […] Helden können so tragisch sein. Sie produzieren aber auch die schönsten Geschichten.
Die Glocke, 27.2.2010
Der Oscar für den besten Sound geht in diesem Jahr an: das Wolfgang Borchert Theater in Münster für “I Hired A Contract Killer (oder Wie feuere ich meinen Mörder)“. So jedenfalls wäre es gerecht. Und sollte jemand einwenden, dass der Oscar nicht für ein Theater (-Stück) verliehen wird, so möge er bedenken: “I Hired A Contract Killer“ ist ein Film.
Ein Film im Theater? Wie soll eine kleine Bühne es mit all den raffinierten technischen Möglichkeiten, die bei millionenschweren Filmprojekten Standard sind, aufnehmen? Die Antwort geben Regisseurin Kathrin Sievers und Ausstatterin Annette Wolf mit ihrem Ensemble: Was Ton, Licht, Kamera, Schnitt und Computertechnik können, das können fünf Schauspieler schon lange. […]
Den Handlungskern, den verzweifelten Versuch Henris also, seinen Killer zu stoppen, nachdem er sich verliebt hat, kennt man aus unterschiedlichen Büchern und Filmen. Er ist in dieser Aufführung kaum mehr als ein roter Faden, der die liebevoll gestalteten Szenen zusammenhält. Ähnliches sagen Experten vom Film des Finnen Aki Kaurismäki. In beiden Fällen bekommt man Gelegenheit, in eine faszinierend-düstere Welt einzutauchen und dabei noch herzhaft zu lachen. Der Film hat dazu unendliche Mittel. Das Theater hingegen sagt: Wir können auch anders. Und überzeugt.
Westfälische Nachrichten, 26.2.2010
Da flaniert der soeben gekündigte Henri über die mit einer raffinierten Drehkonstruktion ausgestattete Bühne (Annette Wolf) und sucht in der Unterwelt einen Profikiller, der seinem Leben endlich ein Ende setzen soll. Denn alle Selbstmordversuche sind bisher gescheitert. […]
Doch dann trifft der lebensmüde Franzose ein Blumenmädchen, er verliebt sich in sie und bereut prompt seinen Auftrag an den Killer. Aber es gibt kein Zurück mehr, denn die kriminelle Kontaktperson von Monika Hess-Zanger als halbseidene Patin wunderbar interpretiert ist tot.
Florian Bender kopiert den bitteren, regungslosen Gesichtsausdruck von Jean-Pierre Léaud, der im Film die Hauptrolle spielt, nahezu perfekt aber auch mit einem amüsanten Hauch von Süffisanz, ohne dabei zu parodieren.
Als krebskranker, Blut hustender Killer ist Sven Heiß in seiner Nüchternheit ebenfalls sehenswert. Sabrina vor der Sielhorst muss genauso wie die anderen Darsteller außer Bender in mehrere Rollen schlüpfen. Sie macht das großartig: als braves Blumenmädchen wie auch als Frau aus dem Striplokal. Die übrigen Nebenrollen füllt Jens Ulrich Seffen mit großer Spielfreude aus. […]
Am Ende ist klar: Der Schuss, mit dem das Stück endet, kommt nicht etwa aus einer Pistole, er wird mit zwei zusammengeschlagenen Brettchen imitiert. Das ist ein konsequentes Ende der hinreißend-komischen und mit vielen glänzenden Einfällen gespickten Filmadaption.
Münstersche Zeitung, 26.2.2010