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Éric-Emmanuel Schmitt
Schauspiel. Uraufführung.
Früher erklangen in Kikis Ohren auf magische Weise die Melodien und Töne Beethovens, sobald sie eine Büste oder ein Bildnis von ihm sah. Doch die Maske, die sie bei einem alten Trödler entdeckt hat, bleibt zu ihrem Entsetzen stumm und ihre einstigen Klänge für immer erloschen. Auch ihre Freundinnen Zoé, Rachel und Candie, mit denen sie in der Seniorenresidenz lebt, hören nichts, obwohl sie alle jahrelang seine Melodien auf dem Klavier geübt hatten. Was ist passiert? Sind sie, wie Beethoven selbst, im Alter taub geworden?
Auf einer Parkbank in Paris trifft Kiki den jungen Hip-Hopper Bob. Zwei Generationen, zwei Welten treffen aufeinander. Es beginnt eine zarte Annäherung und damit für Kiki eine Reise in die Vergangenheit, um dem Geheimnis der verloren geglaubten Musik auf den Grund zu gehen. Bisher unentdeckte Wahrheiten kommen ans Licht, Lebenskonzepte werden brachial in Frage gestellt und Wut, Zweifel zund Angst an die Oberfläche geholt. Dabei spielt die Musik des großen Komponisten im persönlichen Verarbeitungsprozeß eine entscheidende Rolle und führt an geschichtsträchtige und persönliche Stationen ihres Lebens bis hin zum Wallfahrtsort Santiago de Compostela. Eine amüsant plaudernde, spannende, ergreifende, tiefsinnige und zuweilen äußerst komische, vor allem aber sehr persönliche Fabel mit den zentralen Fragen: Wer bin ich, wer sind die Anderen, wer sind wir alle zusammen?
Eine schmerzvolle, aber auch schwungvolle Reise in das eigene Ich und in die wunderbare Welt der Musik von Beethoven.
Der französische Theaterautor Éric-Emmanuel Schmitt beweist mit KIKI VAN BEETHOVEN, deren Uraufführung er in freundschaftlicher Verbundenheit dem WBT gibt, wieder einmal seine Stärke, auch den ernsthaften Fragen des Lebens mit ironischem Geschick und literarischem Scharfsinn nachkommen zu können. Seit den frühen 90er Jahren gehört Schmitt mit Yasmina Reza zu den bedeutendsten zeitgenössischen französischen Theaterautoren. Mit DER BESUCHER ausgezeichnet mit dem Prix Molière gelang Schmitt 1993 sein internationaler Durchbruch als Dramatiker.
Intendant Meinhard Zanger inszenierte bisher alle Schmitt-Stücke am WBT: DER FREIGEIST, MEINE EVANGELIEN, KLEINE EHEVERBRECHEN, DER BESUCHER und ENIGMA. Nun übertrug er die Inszenierung an die junge Berliner Regisseurin Tanja Weidner, die mit KIKI VAN BEETHOVEN ihr WBT-Debüt gibt. Weidner war jahrelang Regieassistentin von Claus Peymann, Robert Wilson und Peter Stein und inszenierte unter anderem Anne Frank Tagebuch und Medea.Stimmen am Berliner Ensemble.
Inszenierung | Tanja Weidner
Ausstattung | Anja Müller
Choreographie | Manuela Silió-Funk
Mitwirkende | Monika Hess-Zanger [Kiki] & Florian Bender [Bob] |
Wiederaufnahme | ab November 2011
WBT_SAAL
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Mit freundlicher Unterstützung der Sparkasse. |
ZUSCHAUERSTIMMEN
Ich bin so froh, dass ich mich nicht durch Zeitungsartikel habe beeinflussen lassen. Gestern Abend war eine tolle Aufführung von Kiki van Beethoven. Ich werde es allen erzählen, die es hören wollen. Auch die Stückeinführung war sehr interessant und es lohnt sich immer daran teil zu nehmen. Leider schaffen wir es nicht immer. . . Wir freuen uns noch auf viele Vorstellungen in Ihrem Haus.
Zuschauerin aus Greven, 15.12.2010
PRESSESTIMMEN
Theaterkritiker Stefan Keim im WDR 2 Mittagsmagazin über KIKI VAN BEETHOVEN.
WDR 2, Die Kritiker, 13.12.2010
Éric-Emmanuel Schmitt ist da ganz genau auf der Höhe der Zeit.
Den MOSAIK-Hörbeitrag "Beethoven im Ohr" von Stefan Keim finden Sie hier.
WDR 3 MOSAIK, 10.12.2010
Die guten Stücke von Eric-Emmanuel Schmitt sind Kitsch im besten Sinne, Beschwörungen der Menschlichkeit, Pilgerpfade zum Mitgefühl. Man mag sich diesen Texten nicht hingeben, aber der Franzose versteht es wie ein guter Masseur, die Punkte zu drücken, die einen wehrlos machen […]. Bob ist ein ungewöhnlicher junger Bewohner der Banlieues, höflich, freundlich, das Gegenteil eines Kids aus einem sozialen Brennpunkt, wie sie das Fernsehen immer wieder zeigt. Florian Bender spielt Bob mit türkisch-deutschem Akzent, was zu Anfang etwas nervig wirkt, doch später aufgrund der sympathischen Ausstrahlung des Darstellers entspannter wird. Die Begegnung zwischen Bildungsbürger und Migranten entspricht genau dem, was gerade verhandelt wird.
Frankfurter Rundschau, 14.12.2010
Das von Tanja Weidner inszenierte Zwei-Personen-Stück lebt von den Gegensätzen zwischen dem Rapper mit der coolen Sonnenbrille und seiner in den Knien hängenden Hose sowie der selbstbewußten Kiki mit der Baskenmütze auf dem Kopf und dem CD-Player unterm Arm. […] Der zu Anfang von Kiki verhöhnte Hip-Hopper, den Florian Bender sehr überzeugend spielt, bringt es mit einfachen Worten auf den Punkt: "Man muss sich seinem Leid stellen." Die Seniorin, deren Sohn Selbstmord begangen hat, zerrt aber nicht nur ihre eigenen Probleme ans Licht, sondern auch die ihrer drei Freundinnen aus der Altersresidenz mittlerweile auch taub für Beethovens Klänge. […] Das schönste Bild geben die beiden Borchert-Schauspieler ab, wenn sie am Ende der eineinhalbstündigen Inszenierung gemeinsam Hip-Hop tanzen. Alles wird gut, so Kikis Folgerung, wenn man es nur an sich heranlässt: ob traumatische Erinnerungen oder einen jungen Rapper.
Die Glocke, 11.10.2010
Schmitt verbindet viel mit dem Borchert-Theater: Intendant Meinhard Zanger inszenierte in Münster bereits fünf seiner Stücke hingebungs- und würdevoll, veranstaltete zum 50. Geburtstag des Autors im März dieses Jahres ein Festival, zu dem der Franzose gerne kam, sehr gerührt und angetan war von der Welle der Sympathie, die ihm entgegenschlug. Schmitt gab zwar Paris die Uraufführung für die Monolog-Fassung seiner "Kiki", Münster jedoch erhielt die größere Dialog-Fassung. […] Monika Hess-Zanger muss als Kiki weiterhin ellenlange Monologe führen, die auch noch vorwiegend prosaisch statt dramatisch geschrieben sind. Das macht den Text steif und unhandlich, auch wenn die groß und stark aufspielende Monika Hess-Zanger wirklich alles aus der Rolle herausholt, was machbar ist. Sie ätzt, trompetet, greint, ist eine wunderbar olle Schrulle. Bob darf dagegen oft kaum mehr sein als ein Stichwortgeber. Immerhin haucht Florian Bender ihm mit einem etwas verwässerten Türkendeutsch Leben ein, zudem darf er tanzen und auch seiner neuen Freundin ein paar Grooves beibringen (Choreografie: Manuela Silió-Funk).
Münstersche Zeitung, 10.12.2010
Für die Inszenierung der Berliner Regisseurin Tanja Weidner gab es am Donnerstagabend viel Applaus […] Bei all dem spielt Schmitt mit dem Gegensatz der beiden Protagonisten. Die resolute Kiki mit der roten Baskenmütze und dem weißen Haar will eigentlich niemanden an sich ranlassen. Doch der liebenswerte Hip-Hopper Bob lässt sich nicht einschüchtern und bohrt nach. Monika Hess-Zanger als verbitterte Kiki und Florian Bender als draufgängerischer Bob überzeugen. Gekonnt wechseln sie zwischen traurigen Momenten, wenn es um familiäre Probleme und Schicksalsschläge Kikis geht und heiteren Elementen, etwa wenn das ungleiche Paar zu französischem Rap tanzt. In Weidners Inszenierung spielt die Musik eine wichtige Rolle. Besonders der Kontrast zwischen den pompösen Melodien Beethovens und dem harten französischen Rap reizten die junge Theaterfrau.
Man sollte es nicht gering schätzen, wie der Haus-Autor des Borchert-Theaters für einfache Botschaften der Menschlichkeit und Toleranz eine theatralisch überzeugende Form findet. Schon in der Begegnung der Frau, von Monika Hess-Zanger perfekt als allmählich dahinschmelzende Misanthropin dargestellt, mit dem putzigen Jungspund, dem Florian Bender neben dem dezenten Kanak-Akzent liebenswerte Treuherzigkeit verleiht, entfaltet Schmitt die Wirkmächtigkeit des Miteinandersprechens. Erstaunlich, dass die erste Version des Stücks ein Solo für eine Frau war - man mag sich nach diesem Premierenabend etwas anderes als die in Münster uraufgeführte Version gar nicht vorstellen. Das seltsame Rätsel um Kikis Liebe zu Beethovens Musik, vor deren Größe sie sich so klein fühlt, verknüpft Schmitt auch mit dem Missbrauch von Kunst und Humanismus durch die Barbarei. Wenn Kiki, nach schwarzhumoriger Einleitung, von der Auschwitz-Reise mit ihren Freundinnen erzählt und wenn zum Bericht über ihre jüdische Freundin Rahel das traurige Allegretto aus Beethovens Siebter erklingt, lässt dieses Melodram gewiss niemanden kalt: Regisseurin Tanja Weidner zeigt Gespür für die Größe der Gefühle, die sie im Spiel zulässt, und Ausstatterin Anja Müller stellt ihr dafür eine Bühne bereit, die zwischen Godot-Kargheit und schattenhafter Hiphop-Poesie allen Stimmungen bildhaft Ausdruck verleiht. Den Rest bewirkt, neben Manuela Silio-Funks witziger Choreografie, die Musik zwischen Franko-Pop und Beethoven.
Westfälische Nachrichten, 10.12.2010