Patrick Süskind
Er haßt Wagner, unterschlägt gerne mal aus Rache ein paar Noten, findet Dirigenten überflüssig, kämpft mittels Bier gegen Feuchtigkeitsverlust und Orchesterfrust: der Kontrabassist, drittes Pult, das "Tutti-Schwein", erklärt gerne sein Instrument, erläutert [grauenhafte] Kontrabaß-Soli via CD und ist zu allem Überfluß auch noch gebeutelt von seiner nicht erwiderten Liebe zu der Sängerin Sarah. Denn wenn sie auf der Bühne ist, spielt er besonders schön, soweit das auf einem Kontrabaß möglich ist, aber sie bemerkt ihn nicht. Schuld an seiner Misere wie sollte es anders sein ist das schreckliche, unhandliche und unelegante Instrument, mit dem er in Haßliebe verbunden ist. Als Soloinstrument sei der Kontrabaß lächerlich, es gäbe keine Soloparts, höchstens Duos. Er phantasiert schließlich: Bei der RHEINGOLD-Premiere an diesem Abend will er sein Leben verändern und kurz vor Beginn spektakulär "Sarah" schreien. Ob er es tun wird . . . ?
1980 schrieb Patrick Süskind, obwohl er nicht Kontrabaß, sondern Klavier spielt, den einaktigen Monolog DER KONTRABASS und damit, "was noch kein Komponist komponiert hat, nämlich ein abendfüllendes Werk für einen Kontrabaßspieler" [Dieter Schnabel]. Seit der Uraufführung im Münchner Cuvilliéstheater 1981 zählt es zu den meistgespielten deutschen Stücken in ganz Europa.
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Volker Lippmann, ist auf der Bühne bekannt geworden vor allem durch große Rollen bei Holk Freytag in Moers und bei Hansgünther Heyme in Stuttgart, Essen und bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen. Als "Odysseus" in den legendären Moerser BACCHANTINNEN von Euripides nahm er 1980 am 17. Berliner Theatertreffen teil, in Recklinghausen glänzte er 1991 als "Gorbatschow" in der Uraufführung von Howard Brentons und Ali Tariqs MOSKAUER GOLD. Im selben Jahr erhielt der den Bad-Hersfeld- Preis, zwei Jahre später wurde er Schauspieler des Jahres in NRW. 2004 erhielt er auf dem NRW-Best-Of[f]-Festival THEATERZWANG den Darstellerpreis für BARTSCH, KINDERMÖRDER, das das von ihm gegründete und geleitete Theater Tiefrot produzierte. Einem breiteren Publikum wurde Lippmann bekannt durch seine Rollen in TV-Serien wie DIE ANRHEINER, TATORT, STERNE DES SÜDENS, SK KÖLSCH, DER FAHNDER und zuletzt HALLO ROBBIE!
Premiere | Samstag, 19. Mai 2007
Beginn 20 Uhr
WBT_SAAL
PRESSESTIMMEN
Volker Lippmann zeigt in Patrick Süskinds „Der Kontrabass“ auf der Bühne des Wolfgang Borchert Theaters in Münster einen Orchestermusiker der besonderen Art. Der Kontrabassist leidet unter der Hassliebe zu seinem Instrument. Kniend liebkost er das mannshohe Gerät. Dann nimmt er es an den Hals, als wollte er im The-Who-Stil Kleinholz aus dem Bass machen, denn schließlich ruiniert der ihm durch seine bloße Anwesenheit jede Liebesbeziehung. In Rage redet sich das verbeamtete „Tuttischwein“, wie er sich selber nennt, wenn es um den real existierenden Musikalltag geht ... Wenn er damit beschäftigt ist, wie eine Tennisspielerin beim Seitenwechsel seinen Mantel im Schritt geschlossen zu halten, wirkt er wie ein schüchternes Mädchen: verloren, sich nach Zuneigung sehnend. Im nächsten Moment braust er dann auf, steht auf seinem Sessel und schwingt despotische Reden über Musik. Lippmanns Spiel lebt von diesen Gegensätzen. So räumt er effektsicher und humorvoll mit der idealisierten Künstlerwelt auf zum Amüsement des Premieren-Publikums am Samstagabend.
Münstersche Zeitung, 21.5.07
Volker Lippmann ist ein Virtuose. Weniger auf dem monströsen Kontrabass als vielmehr auf Patrick Süskinds gleichnamiger Theater-Partitur ... Stück für Stück gibt Lippmann sich und seinen unhandlichen Kumpan der Lächerlichkeit preis. Zwischen Seelenfrieden und Saitenspiel, Musiktheorie und Männerfantasien, Forellenquintett und Fischrestaurant zergeigt er mit seinem Liebesritt auf der Kontrabass-Taille auch die letzten Musiker-Ideale. Abgründig und unfreiwillig komisch enthüllt er den geballten Frust dieses neurotischen, zwischen Größenwahn und Depression schwankenden Musikbeamten in Birkenstock und Bademantel. Erst kühl und sachlich, dann nach etlichen Schlucken Bier und Schnaps weniger nüchtern liefert er eine launige Liebes- und Hasserklärung, die doch nicht nur seinem Instrument gilt, sondern vor allem dem Spiel des Lebens an sich.
Ein Kontrabass con fuoco, ein Gesamtkunstwerk aus dem Geiste eines Kabinettstückchens. Vorgetragen von einem Schauspieler, der auch ohne Bogen virtuos über die Abgründe der menschlichen Seele streicht. Was für ein Kammerkonzert!
Westfälische Nachrichten, 21.5.2007