Oliver Bukowski
WER IST DIE WAFFE, WO IST DER FEIND
Schauspiel. Uraufführung. Auftragswerk der Ruhrfestspiele.
Koproduktion Wolfgang Borchert Theater Münster/Ruhrfestspiele Recklinghausen
Premiere | 23. Mai 2013 | Halle König Ludwig 1/2 (Recklinghausen)
Vorstellungsdauer | 1 3/4 Stunden | Keine Pause
Wie kündigen sie sich an, die großen Ereignisse? Die Aufbrüche, die Untergänge, die Umwälzung alles Bestehenden oder deren Erstickung in der Katastrophe? Wie spürt man die Zeitenwende als Individuum, das konkret in dieser Zeit lebt? Der Hohe Meissner, ein Tafelberg in Hessen, war für die Naturfreundebewegung um 1910 eine Art Wallfahrtsort. Der überhitzte, aufgeladene Idealismus auf diesen Treffen fängt etwas ein von der ungeheuren Spannung in der Gesellschaft kurz vor dem Ausbruch der Katastrophe.
Bukowksi greift das aktuelle Theorem von "Unbehagen in der Gesellschaft" auf und zieht eine Parallele zwischen der Historie seiner vier jugendlichen Protagonisten und ähnlich aufgeladenen Aggregatzuständen der Protestbewegungen unserer Gegenwart.
Damals wie heute ging es der Jugend darum, das "Eigentliche, das Authentische" zu finden und darauf eine neue Gesellschaft zu gründen. Verblüffend für das Jahr 1913 sind seine Ähnlichkeiten zu den jungen Reaktionsweisen wie Occupy oder Anonymus. Und der absolute Anspruch auf die Deutungshoheit dessen, was moralisch und menschlich ist, schlägt ungeahnte Brücken.
Im Rahmen des Uraufführungs-Festivals koproduzieren erstmals die Ruhrfestspiele Recklinghausen und das Wolfgang Borchert Theater Münster. Spielstätte der Uraufführung in der Spielzeit 2013/14 ist das WBT. Spielstätte dieser Spielzeit 2012/13 ist die Halle KÖNIG LUDWIG 1/2 in Recklinghausen-Süd. Karten erhalten Sie im Ticketshop der Ruhrfestspiele oder unter 02361-92180.
Inszenierung | Meinhard Zanger
Bühne & Kostüme | Annette Wolf
Mitwirkende | Florian Bender [Klaus] | Luan Gummich [Wilhelm] | Sven Heiß [Karl] | Jürgen Lorenzen [Löwenstein] | Mara S. P. Stroot [Thea]
Fotos © Marc Wollmann
PRESSESTIMMEN
Die stilisierte Autofahrt ist eine der schönsten Szenen in Meinhard Zangers Uraufführungs-Inszenierung. Sein Wolfgang-Borchert-Theater hat das Werk in einer alten Industriehalle herausgebracht: In der Halle König Ludwig 1/2 bespielen die fünf Akteure eine sanft gewellte Bühnenlandschaft von Annette Wolf, auf der sich die einzelnen Szenen leicht imaginieren lassen [...].
Vor allem aber versteht es das Borchert-Theater, dem [...] Werk Sinnlichkeit mitzugeben [...]. Emanuel Fleischhacker als lesender Prolet, Sven Heiß als aufbrausender Künstler und Florian Bender als gewitzter kleiner Bruder der mondän-verspielten Thea (großartig: Mara S. P. Stroot) bringen glaubhafte Figuren auf die Bühne. Und Jürgen Lorenzen lässt die Figur des Vaters Löwenstein, der vom Kolonialismus profitiert und später begeistert feststellt, dass die aufmüpfigen Kinder seine Ideale von Loyalität und Opferbereitschaft verkörpern, nicht zur Karikatur gerinnen.
Westfälische Nachrichten, 25.5.2013
Das Jahr 1913, am Vorabend der Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts, macht gerade Furore [...], in Oliver Bukowskis "Wer ist die Waffe, wo ist der Feind" [...]. Ein Auftragswerk der Ruhrfestspiele, realisiert vom Wolfgang Borchert Theater aus Münster unter Regisseur Meinhard Zanger. [...] Alles drin: Ideengeschichte, Kunsthistorie, Zeitläufte. Untertanengeist kontra Revolution. Expressionismus wider den Biedersinn in Wort und Bild. Frauen, die gegen die Männer rebellieren.
Dass die Figuren nicht alle als Chiffren und Ideen-Trompeter stagnieren, ist die eigentliche Überraschung des Abends und die Leistung von Darstellern und Regie. Stroot und Lorenzen formen trotz des funktionalen Korsetts der Rollen atmende Charaktere [...]. Bukowski [...] punktet mit geschliffenen Dialogen, lässt sogar Komik anklingen und vermittelt eine Ahnung vom Geist einer Zeit, die vom Schrecklichen ins noch Schrecklichere stolpert.
Münstersche Zeitung, 25.5.2013
Thea, ihr jüngerer Bruder Klaus, ihr Freund Karl und Wilhelm, der Chauffeur ihres Vaters, [brechen] in dessen Benz zu einer Spritztour auf. Für die Dauer der Fahrt verlieren sie sich im Rausch der Geschwindigkeit. Ein Gefühl von Freiheit erfüllt in diesem Moment Meinhard Zangers Uraufführung von Oliver Bukowskis Schauspiel „Wer ist die Waffe, wo ist der Feind" [...].Der Fahrtwind, dem sich Mara S.P. Stroots Thea fast wie einem Geliebten hingibt, weht alle Klassenunterschiede und auch ideologische Differenzen fort.
So könnte es damals, 1913/14, gewesen sein, und könnte es auch heute sein. Bukowski taucht in die Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg ein und verliert dabei nie die heutige Zeit aus den Augen. Hundert Jahre sind vergangen, aber nur wenig hat sich wirklich verändert [...]. Meinhard Zanger bleibt in seiner Inszenierung [...] nah am Text. Er lässt Bukowskis Figuren auf Annette Wolfs abstrakter Bühne, auf der ein Metallmast und zwei schräge Erhöhungen symbolisch für die Verwerfungen des 20. Jahrhunderts stehen, den Raum, über ihre Überzeugungen hinauszuwachsen. Sie stehen stellvertretend für eine Zeit und ihre Gesellschaft und bleiben doch Individuen mit ihren Schwächen und Träumen.
Kulturkenner.de, 24.5.2013
Richtig Fahrt gewinnen Stück und Inszenierung [...], als es persönlich wird. Das innige Geschwisterpaar, deren Mutter in einem Sanatorium verschollen ist, kuschelt unter der Bettdecke und liest dazu über die Gräueltaten der väterlichen Geschäftspartner in der kongolesischen Kolonie. Die Tochter stellt den Erzeuger zur Rede, den Jürgen Lorenzen trotz Berlinern und preußischem Stechschritt nicht ins Klischee entlässt, sondern echten Widerstand leistet und sich selbst und damit eine ganze Epoche, die dem Untergang geweiht ist, überzeugend verteidigt.
Mit der stückweisen Emanzipation der Thea, der die couragierte wie talentierte zweite Frau des Dramatikers Carl Sternheim Pate stand, gelingt ein ewig-heutiger Moment [...]. Bukowski findet eine orientierungslose Jugend, die in Zitaten lebt und mit Hurra an die Front marschiert.
Nachtkritik.de, 24.5.2013
WER IST DIE WAFFE, WO IST DER FEIND
Schauspiel. Uraufführung. Auftragswerk der Ruhrfestspiele.
Koproduktion Wolfgang Borchert Theater Münster/Ruhrfestspiele Recklinghausen
Premiere | 23. Mai 2013 | Halle König Ludwig 1/2 (Recklinghausen)
Vorstellungsdauer | 1 3/4 Stunden | Keine Pause
Wie kündigen sie sich an, die großen Ereignisse? Die Aufbrüche, die Untergänge, die Umwälzung alles Bestehenden oder deren Erstickung in der Katastrophe? Wie spürt man die Zeitenwende als Individuum, das konkret in dieser Zeit lebt? Der Hohe Meissner, ein Tafelberg in Hessen, war für die Naturfreundebewegung um 1910 eine Art Wallfahrtsort. Der überhitzte, aufgeladene Idealismus auf diesen Treffen fängt etwas ein von der ungeheuren Spannung in der Gesellschaft kurz vor dem Ausbruch der Katastrophe.
Bukowksi greift das aktuelle Theorem von "Unbehagen in der Gesellschaft" auf und zieht eine Parallele zwischen der Historie seiner vier jugendlichen Protagonisten und ähnlich aufgeladenen Aggregatzuständen der Protestbewegungen unserer Gegenwart.
Damals wie heute ging es der Jugend darum, das "Eigentliche, das Authentische" zu finden und darauf eine neue Gesellschaft zu gründen. Verblüffend für das Jahr 1913 sind seine Ähnlichkeiten zu den jungen Reaktionsweisen wie Occupy oder Anonymus. Und der absolute Anspruch auf die Deutungshoheit dessen, was moralisch und menschlich ist, schlägt ungeahnte Brücken.
Im Rahmen des Uraufführungs-Festivals koproduzieren erstmals die Ruhrfestspiele Recklinghausen und das Wolfgang Borchert Theater Münster. Spielstätte der Uraufführung in der Spielzeit 2013/14 ist das WBT. Spielstätte dieser Spielzeit 2012/13 ist die Halle KÖNIG LUDWIG 1/2 in Recklinghausen-Süd. Karten erhalten Sie im Ticketshop der Ruhrfestspiele oder unter 02361-92180.
Inszenierung | Meinhard Zanger
Bühne & Kostüme | Annette Wolf
Mitwirkende | Florian Bender [Klaus] | Luan Gummich [Wilhelm] | Sven Heiß [Karl] | Jürgen Lorenzen [Löwenstein] | Mara S. P. Stroot [Thea]
Fotos © Marc Wollmann
PRESSESTIMMEN
Die stilisierte Autofahrt ist eine der schönsten Szenen in Meinhard Zangers Uraufführungs-Inszenierung. Sein Wolfgang-Borchert-Theater hat das Werk in einer alten Industriehalle herausgebracht: In der Halle König Ludwig 1/2 bespielen die fünf Akteure eine sanft gewellte Bühnenlandschaft von Annette Wolf, auf der sich die einzelnen Szenen leicht imaginieren lassen [...].
Vor allem aber versteht es das Borchert-Theater, dem [...] Werk Sinnlichkeit mitzugeben [...]. Emanuel Fleischhacker als lesender Prolet, Sven Heiß als aufbrausender Künstler und Florian Bender als gewitzter kleiner Bruder der mondän-verspielten Thea (großartig: Mara S. P. Stroot) bringen glaubhafte Figuren auf die Bühne. Und Jürgen Lorenzen lässt die Figur des Vaters Löwenstein, der vom Kolonialismus profitiert und später begeistert feststellt, dass die aufmüpfigen Kinder seine Ideale von Loyalität und Opferbereitschaft verkörpern, nicht zur Karikatur gerinnen.
Westfälische Nachrichten, 25.5.2013
Das Jahr 1913, am Vorabend der Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts, macht gerade Furore [...], in Oliver Bukowskis "Wer ist die Waffe, wo ist der Feind" [...]. Ein Auftragswerk der Ruhrfestspiele, realisiert vom Wolfgang Borchert Theater aus Münster unter Regisseur Meinhard Zanger. [...] Alles drin: Ideengeschichte, Kunsthistorie, Zeitläufte. Untertanengeist kontra Revolution. Expressionismus wider den Biedersinn in Wort und Bild. Frauen, die gegen die Männer rebellieren.
Dass die Figuren nicht alle als Chiffren und Ideen-Trompeter stagnieren, ist die eigentliche Überraschung des Abends und die Leistung von Darstellern und Regie. Stroot und Lorenzen formen trotz des funktionalen Korsetts der Rollen atmende Charaktere [...]. Bukowski [...] punktet mit geschliffenen Dialogen, lässt sogar Komik anklingen und vermittelt eine Ahnung vom Geist einer Zeit, die vom Schrecklichen ins noch Schrecklichere stolpert.
Münstersche Zeitung, 25.5.2013
Thea, ihr jüngerer Bruder Klaus, ihr Freund Karl und Wilhelm, der Chauffeur ihres Vaters, [brechen] in dessen Benz zu einer Spritztour auf. Für die Dauer der Fahrt verlieren sie sich im Rausch der Geschwindigkeit. Ein Gefühl von Freiheit erfüllt in diesem Moment Meinhard Zangers Uraufführung von Oliver Bukowskis Schauspiel „Wer ist die Waffe, wo ist der Feind" [...].Der Fahrtwind, dem sich Mara S.P. Stroots Thea fast wie einem Geliebten hingibt, weht alle Klassenunterschiede und auch ideologische Differenzen fort.
So könnte es damals, 1913/14, gewesen sein, und könnte es auch heute sein. Bukowski taucht in die Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg ein und verliert dabei nie die heutige Zeit aus den Augen. Hundert Jahre sind vergangen, aber nur wenig hat sich wirklich verändert [...]. Meinhard Zanger bleibt in seiner Inszenierung [...] nah am Text. Er lässt Bukowskis Figuren auf Annette Wolfs abstrakter Bühne, auf der ein Metallmast und zwei schräge Erhöhungen symbolisch für die Verwerfungen des 20. Jahrhunderts stehen, den Raum, über ihre Überzeugungen hinauszuwachsen. Sie stehen stellvertretend für eine Zeit und ihre Gesellschaft und bleiben doch Individuen mit ihren Schwächen und Träumen.
Kulturkenner.de, 24.5.2013
Richtig Fahrt gewinnen Stück und Inszenierung [...], als es persönlich wird. Das innige Geschwisterpaar, deren Mutter in einem Sanatorium verschollen ist, kuschelt unter der Bettdecke und liest dazu über die Gräueltaten der väterlichen Geschäftspartner in der kongolesischen Kolonie. Die Tochter stellt den Erzeuger zur Rede, den Jürgen Lorenzen trotz Berlinern und preußischem Stechschritt nicht ins Klischee entlässt, sondern echten Widerstand leistet und sich selbst und damit eine ganze Epoche, die dem Untergang geweiht ist, überzeugend verteidigt.
Mit der stückweisen Emanzipation der Thea, der die couragierte wie talentierte zweite Frau des Dramatikers Carl Sternheim Pate stand, gelingt ein ewig-heutiger Moment [...]. Bukowski findet eine orientierungslose Jugend, die in Zitaten lebt und mit Hurra an die Front marschiert.
Nachtkritik.de, 24.5.2013