Jan Weiler
EINGESCHLOSSENE GESELLSCHAFT
Gesellschaftssatire. Uraufführung.
Premiere | Donnerstag, 10. November 2022
Vorstellungsdauer | 2h15 | Eine Pause
© Klaus Lefebvre & Tanja Weidner
Die Geschichte spielt an einem Freitagnachmittag im Lehrerzimmer des städtischen Rudi-Dutschke-Gymnasiums. Sechs Lehrerinnen und Lehrer sitzen dort aus unterschiedlichen Gründen noch herum und sind sich mehr oder weniger grün. Da stört der Vater eines Schülers die trostlose Szene und verlangt, dass die Lehrkräfte über die Lateinnote und damit gefährdete Abi-Zulassung seines Sohnes diskutieren sollen. Und als die das nicht wollen, nimmt er sie kurzerhand in Geiselhaft und zwingt sie mit Waffengewalt zu einer sehr eigenwilligen Zeugniskonferenz.
Wie in Sartres »Geschlossene Gesellschaft« sind die Mitspieler ohne Fluchtmöglichkeit dazu verdammt, sich miteinander zu beschäftigen. Schon bald bröckeln die bürgerlichen Fassaden und immer mehr persönliche Abgründe treten zutage. Am Ende steht die Frage im Raum, ob diese Menschen überhaupt dazu berechtigt sind, über einen Schüler zu richten . . .
Eine tiefschwarze Komödie, in der das Lehrerzimmer zum Schauplatz eines Alptraums wird.
Jan Weiler war bis 2005 Chefredakteur des SZ-Magazins und hatte seinen Durchbruch als Autor mit seinem fiktiven, aber autobiografisch inspirierten und sehr humorvollen Roman »Maria, ihm schmeckt’s nicht!«, für dessen Verfilmung 2009 er auch das Drehbuch schrieb. EINGESCHLOSSENE GESELLSCHAFT erschien zunächst als Hörspiel. 2022 folgte die Verfilmung in der Regie von Sönke Wortmann, der die Komödie als eine Art Fortsetzung seiner Kinoadaption von FRAU MÜLLER MUSS WEG ansah – jenes Theaterstück von Lutz Hübner und Sarah Nemitz, das im WBT 162 Vorstellungen erlebte.
Inszenierung | Tanja Weidner
Bühne & Kostüme | Annette Wolf
Dramaturgie | Annika Bade
Mitwirkende | Florian Bender [Bernd Vogel] | Rosana Cleve [Bettina Schuster] | Gregor Eckert [Manfred Prohaska] | Moritz Eckert [Fabian Prohaska] | Erika Jell [Polizistin] | Ivana Langmajer [Heidi Lohmann] | Jürgen Lorenzen [Holger Arndt] | Alessandro Scheuerer [Peter Mertens] | Meinhard Zanger [Klaus Engelhardt]
Trailer
Wie in Sartres »Geschlossene Gesellschaft« sind die Mitspieler ohne Fluchtmöglichkeit dazu verdammt, sich miteinander zu beschäftigen. Schon bald bröckeln die bürgerlichen Fassaden und immer mehr persönliche Abgründe treten zutage. Am Ende steht die Frage im Raum, ob diese Menschen überhaupt dazu berechtigt sind, über einen Schüler zu richten . . .
Eine tiefschwarze Komödie, in der das Lehrerzimmer zum Schauplatz eines Alptraums wird.
Jan Weiler war bis 2005 Chefredakteur des SZ-Magazins und hatte seinen Durchbruch als Autor mit seinem fiktiven, aber autobiografisch inspirierten und sehr humorvollen Roman »Maria, ihm schmeckt’s nicht!«, für dessen Verfilmung 2009 er auch das Drehbuch schrieb. EINGESCHLOSSENE GESELLSCHAFT erschien zunächst als Hörspiel. 2022 folgte die Verfilmung in der Regie von Sönke Wortmann, der die Komödie als eine Art Fortsetzung seiner Kinoadaption von FRAU MÜLLER MUSS WEG ansah – jenes Theaterstück von Lutz Hübner und Sarah Nemitz, das im WBT 162 Vorstellungen erlebte.
Inszenierung | Tanja Weidner
Bühne & Kostüme | Annette Wolf
Dramaturgie | Annika Bade
Mitwirkende | Florian Bender [Bernd Vogel] | Rosana Cleve [Bettina Schuster] | Gregor Eckert [Manfred Prohaska] | Moritz Eckert [Fabian Prohaska] | Erika Jell [Polizistin] | Ivana Langmajer [Heidi Lohmann] | Jürgen Lorenzen [Holger Arndt] | Alessandro Scheuerer [Peter Mertens] | Meinhard Zanger [Klaus Engelhardt]
Trailer
Pressestimmen
[...] Ein rundum vergnüglicher Abend mit Wortwitz und Tempo! [...]
Am Donnerstagabend feierte das Stück in der zupackenden Regie von Tanja Weidner im Borchert-Theater Premiere und Uraufführung. Um es kurz zu sagen: Das Stück [...] ist auf der Bühne ein echter Brüller und dürfte das Theater an Münsters Hafen durch mehrere Spielzeiten begleiten. [...]
Das Lehrerzimmer mit seinen Schränken und Fächern – täuschend echt auf eine Leinwand gebracht – sowie die Ausstattung, die Annette Wolf passgenau und typengerecht von der Sandale über das Lodenjankerl bis zur Frühstücksdose mit Möhrchen und Äpfelchen ersonnen hat, löst schon in den ersten Minuten diese wohlige schulische Beklemmung aus, die bei manchen Theatergästen wohl schon Jahrzehnte zurückliegt. Jan Weiler präsentiert uns hier eine sechsköpfige Pädagogenschar, die sich der Bedrohung durch den ausgerasteten Vater Prohaska (dynamisch: Gregor Eckert) ausgesetzt sieht. Mit einer Faustfeuerwaffe in der Hand fordert dieser das Kollegium auf, dem Sohn Fabian ein einziges Pünktchen mehr gutzuschreiben und damit die Zulassung zum Abitur zu gewährleisten.
[...] Im Zentrum steht dabei der Lateiner Klaus Engelhardt, dem ein furios aufspielender Meinhard Zanger das knarzige Profil des unbelehrbaren Altphilologen und pädagogischen Scharfrichters verleiht. Ihm zur Seite steht kongenial die altfränkische Französischlehrerin Heidi Lohmann (köstlich: Ivana Langmajer), die Schubertlieder singt, „Minderleister“ verhöhnt und nicht einsehen mag, warum man sich mehr als nötig mit dem „genetischen Gemüse“ des „Prekariats“ abgeben soll.
Es fehlt nicht an Gegenstücken: Alessandro Scheuerer gibt passend den Sportlehrer-Schlaffi Mertens, der nachmittags noch einen Zweitjob im Laden seiner Frau hat, Rosana Cleve die noch leicht naive Referendarin, Florian Bender mit Sonderapplaus den verklemmten und im Kollegium verkannten Chemiepauker, in dessen Labor noch eine Versuchsanordnung brodelt – was der Geiselnahme im Lehrerzimmer zusätzlich die Bedrohung durch eine Zeitbombe verleiht. Jürgen Lorenzen steht als Vertrauenslehrer und säuselnder Problemversteher in der Mitte der wechselnden Fronten.
Während Teil eins des kurzweiligen Stücks die Lehrerschaft in der Bedrohungssituation nach Auswegen aus der Lage suchen und der Stress die tiefsitzenden gegenseitigen Vorurteile hochkochen lässt, birgt Teil zwei eine Art Tribunal. Denn Vater Prohaska, der die Polizei findig ausgeschaltet und zwischenzeitlich die Personalakten des Kollegiums entdeckt hat, hält der Pädagogenschar gnadenlos eigene Verfehlungen vor. Das alles geht temporeich und mit Lachsalven des Publikums über die Bühne und steuert punktgenau auf immer neue Krisenspitzen zu, nimmt dann aber im letzten Moment doch eine überraschende Wendung.
Alles in allem ist das beste Unterhaltung, für die das große Ensemble des Borchert-Theaters bei der Premiere langanhaltenden Beifall bekam. [...] [Westfälische Nachrichten]
[...] Ein rundum vergnüglicher Abend mit Wortwitz und Tempo! [...]
Am Donnerstagabend feierte das Stück in der zupackenden Regie von Tanja Weidner im Borchert-Theater Premiere und Uraufführung. Um es kurz zu sagen: Das Stück [...] ist auf der Bühne ein echter Brüller und dürfte das Theater an Münsters Hafen durch mehrere Spielzeiten begleiten. [...]
Das Lehrerzimmer mit seinen Schränken und Fächern – täuschend echt auf eine Leinwand gebracht – sowie die Ausstattung, die Annette Wolf passgenau und typengerecht von der Sandale über das Lodenjankerl bis zur Frühstücksdose mit Möhrchen und Äpfelchen ersonnen hat, löst schon in den ersten Minuten diese wohlige schulische Beklemmung aus, die bei manchen Theatergästen wohl schon Jahrzehnte zurückliegt. Jan Weiler präsentiert uns hier eine sechsköpfige Pädagogenschar, die sich der Bedrohung durch den ausgerasteten Vater Prohaska (dynamisch: Gregor Eckert) ausgesetzt sieht. Mit einer Faustfeuerwaffe in der Hand fordert dieser das Kollegium auf, dem Sohn Fabian ein einziges Pünktchen mehr gutzuschreiben und damit die Zulassung zum Abitur zu gewährleisten.
[...] Im Zentrum steht dabei der Lateiner Klaus Engelhardt, dem ein furios aufspielender Meinhard Zanger das knarzige Profil des unbelehrbaren Altphilologen und pädagogischen Scharfrichters verleiht. Ihm zur Seite steht kongenial die altfränkische Französischlehrerin Heidi Lohmann (köstlich: Ivana Langmajer), die Schubertlieder singt, „Minderleister“ verhöhnt und nicht einsehen mag, warum man sich mehr als nötig mit dem „genetischen Gemüse“ des „Prekariats“ abgeben soll.
Es fehlt nicht an Gegenstücken: Alessandro Scheuerer gibt passend den Sportlehrer-Schlaffi Mertens, der nachmittags noch einen Zweitjob im Laden seiner Frau hat, Rosana Cleve die noch leicht naive Referendarin, Florian Bender mit Sonderapplaus den verklemmten und im Kollegium verkannten Chemiepauker, in dessen Labor noch eine Versuchsanordnung brodelt – was der Geiselnahme im Lehrerzimmer zusätzlich die Bedrohung durch eine Zeitbombe verleiht. Jürgen Lorenzen steht als Vertrauenslehrer und säuselnder Problemversteher in der Mitte der wechselnden Fronten.
Während Teil eins des kurzweiligen Stücks die Lehrerschaft in der Bedrohungssituation nach Auswegen aus der Lage suchen und der Stress die tiefsitzenden gegenseitigen Vorurteile hochkochen lässt, birgt Teil zwei eine Art Tribunal. Denn Vater Prohaska, der die Polizei findig ausgeschaltet und zwischenzeitlich die Personalakten des Kollegiums entdeckt hat, hält der Pädagogenschar gnadenlos eigene Verfehlungen vor. Das alles geht temporeich und mit Lachsalven des Publikums über die Bühne und steuert punktgenau auf immer neue Krisenspitzen zu, nimmt dann aber im letzten Moment doch eine überraschende Wendung.
Alles in allem ist das beste Unterhaltung, für die das große Ensemble des Borchert-Theaters bei der Premiere langanhaltenden Beifall bekam. [...] [Westfälische Nachrichten]
Mein Gott, wie sind sie uns allen aus der Schulzeit vertraut, diese Typen von Lehrer*innen, die sich seit Jahrzehnten nicht verändert zu haben scheinen. Da ist Herr Engelhardt, der Lateinlehrer, der sich über viele Jahre ein Benotungssystem aufgebaut hat. Das hält er für gerecht und ist nicht bereit, einen Millimeter davon abzuweichen. Oder Frau Lohmann, die „Hochkultur“ als das Maß der Dinge predigt: Schubert-Lieder muss man kennen, ansonsten aber lehnt sie jeglichen Erziehungsauftrag ab. Dafür sind die Eltern zuständig. Dann ist da noch der naturwissenschaftliche Nerd, Herr Vogel, in Birkenstock-Sandalen und jeglicher Kommunikation abhold. Herr Arndt ist eloquent und durchaus bereit, Neues zu wagen. Das gilt auch für die aufgeschlossene Referendarin Frau Schuster. Komplettiert wird die Lehrerzimmerrunde durch Herrn Mertens, den Sportlehrer, der versucht, durch kumpelhaftes Gehabe bei den Schüler*innen zu punkten. Diese uns allen sattsam bekannte Konstellation von Menschen sitzt also kurz vor dem Wochenende zusammen. Die Konversation ist geprägt von kollegialen Flachsereien und auch unterschwelliger Aggression. Business as usual also.
Doch dann wird alles anderes. Der Vater eines Schülers will Auskunft darüber, weshalb Herr Engelhardt seinem Sohn einen Punkt verweigert hat, der diesem zur Zulassung zum Abitur fehlt. Die Situation eskaliert und wird zur handfesten Geiselnahme. Der Vater, Gregor Eckert als Manfred Prohaska, ist wahrlich kein Helikopter-Elternteil, das eh‘ alles besser weiß. Nein, er ist ehrlich bemüht, seinem Sohn Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Eckert macht den Angstschweiß quasi erfahrbar, der ob dieser ihm selbst unbegreiflichen Tat in Strömen rinnt.
Da sind sie also eingeschlossen, diese Lehrer*innentypen und nach kurzer Zeit stürzen die jahrelang aufgebauten Fassaden zusammen: Jede*r nämlich hat „Dreck am Stecken“ und sich gegen die Usancen des Miteinanders an einer Schule vergangen.
Jan Weilers Eingeschlossene Gesellschaft erschien zunächst als Hörspiel und wurde dann von Sönke Wortmann verfilmt. Nun also die Uraufführung der Theaterfassung im Wolfgang-Borchert-Theater in Münster: Weilers zugespitzte Dialoge lassen niemanden kalt. Weil Alle diese Menschen zu kennen glauben, gehen alle mit. Vom verhaltenen Kichern, über Gepruste entlockt es jedem*r eine Reaktion, die sich auch in lauthalsem Lachen entlädt.
Dieser Text ist eine Steilvorlage für alle Ausführenden. Annette Wolf schafft eine Kulisse mit einem Vorhang, der ein Original-Lehrer*innenzimmer der siebziger oder achtziger Jahre abbildet. Da fühlen sich viele Menschen sicher „heimisch“. Vor diesem Hintergrund hat es Regisseurin Tanja Weidner leicht. Sie muss nur ihren Protagonist*innen genug Freiraum geben, um sich in den Dialogen zu entfalten. Das tut sie, hat in ihrer bekannten, sorgsamen Art aber jederzeit ein Auge darauf, dass es nie hektisch oder überkandidelt wird. Weidner hält die Zügel in der Hand, auch wenn sie keine entwickelnden Charaktere betreuen muss.
Meinhard Zanger ist der großartige Pedant, der sorgsam darauf bedacht ist, dass ihm kein Zacken aus der Krone bricht. Als er merkt, dass das nicht möglich ist, bricht er zusammen. Ivana Langmajer ist frustriert vom Alltag, flüchtet sich in Träume und klammert sich an ein scheinbar überkommenes Bildungsideal. Das gestaltet sie wunderbar. Das Gegenbild - eine emanzipierte Frau - bildet Rosana Cleve ab. Köstlich Florian Bender als Chemie-Nerd, der sofort maximales Mitleid evoziert. Alessandro Scheurer als herrlich testosterongesteuerter Macho, den er bullig-selbstherrlich gibt, geht im Laufe des Abends eine ganze Batterie von Lichtern auf. Mit einem derartig in Spiellaune agierenden Ensemble hat es Tanja Weidner nicht schwer, einen rundherum gelungenen Theaterabend zu gestalten, der mit einem „Knalleffekt“ endet. Das Publikum ist zurecht aus dem Häuschen.
In Münster läuft viel über Mundpropaganda. Die sollte dafür sorgen, dass Eingeschlossene Gesellschaft zu einem Renner wird. Zumal man nach der Vorstellung bei einem Wein oder einem Bier so herrlich in Erinnerungen schwelgen kann: „Ich weiß noch wie Herr/Frau damals...“ [theater pur]