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Kartentelefon

Dennis Kelly

6 | GIRLS & BOYS
Schauspiel. Deutsch von John Birke.
Premiere | 4. April 2024
Vorstellungsdauer | 1h35

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© Klaus Lefebvre

Eine Frau lernt ihren Mann in der Schlange eines Easyjet-Flugs kennen und kann ihn vom ersten Augenblick an nicht leiden. Es wird dann aber doch was. Mit der Liebe, den beruflichen Träumen, dem Familienleben. Doch mit der Karriere geht es bergauf, mit der Ehe bergab. Knackig derb und mit viel Humor wird die Geschichte eines ganz normalen Lebens erzählt, in dem sich das Paar in tradierten Geschlechterbildern verliert und die Not des anderen übersehen. Dem Erfolg seiner Frau, ihrer Selbstständigkeit und der Scheidung weiß der Mann nicht zu begegnen. Es kommt zu einem point of no return.

GIRLS & BOYS beschäftigt sich kritisch mit dem Konzept des Familienvaters und stellt dabei patriarchale und gesellschaftliche Strukturen generell in Frage: Wie gehen wir mit Eifersucht, Wut und Kontrollverlust um? Und gibt es einen Zusammenhang von Männlichkeit und Gewalt?

Ein packendes Monodrama von großer Intensität und Wahrhaftigkeit.

Dennis Kelly studierte Drama und Theater am renommierten Londoner Goldsmiths College. In seinen preisgekrönten Stücken setzt er sich mit den Kernfragen der menschlichen Existenz und unserer modernen Gesellschaft auseinander. Mit der Inszenierung von GIRLS & BOYS gibt Edina Hojas, Dramaturgin am WBT, ihr Regie-Debüt.

Inszenierung | Edina Hojas
Bühne & Kostüme | Elke König
Dramaturgie | Laura Ritter | Tanja Weidner 

Mit | Ivana Langmajer

Trailer


Pressestimmen

Liebe, Heirat, Kinder, Karrieren: Klingt alles nicht so schlecht. Doch die Geschichte, die eine Frau in dem Stück "Girls & Boys" erzählt, offenbart auch eine andere, dramatische Entwicklung.

Kennengelernt hat sie ihn in der Warteschlange beim Billigflieger Easyjet. Das ist nicht sehr glamourös. Trotzdem wird eine regelrechte Romanze daraus mit Herzklopfen, Liebe, Heirat, Kindern, Glück und Karriere. Das ist schön und nimmt den größten Teil von „Girls & Boys“ ein. Umso größer ist dann die Fallhöhe, wenn das 2018 uraufgeführte Solostück des britischen Autors Dennis Kelly im letzten Drittel in die Katastrophe steuert. Am Donnerstag feierte die Inszenierung von Edina Hojas im Borchert-Theater Premiere.

Die Aufführung findet im Foyer des Theaters statt. Da hinein hat Elke König eine karge Bühne gebaut. Im Wesentlichen gibt es nicht mehr als drei Holzkisten und eine große schwarze Tafel als Rückwand. Aber für Ivana Langmajer als namenlose Protagonistin genügt das, um die Geschichte zu entwickeln, Spannung aufzubauen und sowohl Pointen als auch Emotionen punktgenau zu platzieren. Souverän wechselt sie zwischen Charakteren und Stimmungen und meistert dabei die großen Gesten genauso wie die kleinen, die lauten Töne wie die leisen.

Zunächst steht Komik auf dem Programm. Wenn die Protagonistin von ihrer „Saufen-Drogen-Ficken-Phase“ berichtet, wird dem Publikum mit derbem Humor eine Frau präsentiert, die für sich nichts Großartiges mehr erwartet. Doch dann kommt die Liebe und verwandelt die Verliererin in eine glückliche Ehefrau und Mutter. Dass sie sogar noch Karriere macht, während ihr Mann beruflich scheitert, tut seinem Selbstgefühl nicht gut und führt schließlich in die Katastrophe. Aber davon ist in dem Stück lange nichts zu merken – nicht für sie und auch nicht für das Publikum. Das ist das Fatale an der Geschichte. Und gleichzeitig das Raffinierte. Denn für den aufmerksamen Beobachter gibt es immer wieder kleine Irritationen, die auf ein schlimmes Ende deuten. Beispielsweise wenn die Frau scheinbar ohne Zusammenhang über Gewalt reflektiert. Oder wenn beim Spiel der Kinder der Sohn das zerstört, was die Tochter gebaut hat. Auch die eine oder andere Fährte legt der Text. Eine davon führt in die Antike zu Medea. Aber sie erweist sich als falsch. Wenn auch nicht als gänzlich falsch.

„Girls & Boys“ ist eine sehenswerte Inszenierung, die sich mit männlichen Verhaltensmustern beschäftigt und sie auf ihr zerstörerisches Potenzial abklopft – veranschaulicht durch eine spannende Geschichte, bei der Komik und Tragik nahe beieinander liegen und die von Langmajer schauspielerisch beeindruckend auf die Bühne gebracht wird. [Westfälische Nachrichten]


[WDR 5 Scala]

„Girls & Boys“, das Stück des englischen Dramatikers Dennis Kelly, ist die neueste Produktion am Wolfgang Borchert Theater in Münster. Das Ein-Personen-Stück erzählt die Geschichte einer namenlosen Frau in wechselvollen, teils komischen und witzigen, dann aber auch extrem aufwühlenden und emotionalen Szenen.

In manchen Zwischentönen kündigt sich über den Abend allerdings selbst in den höchst unterhaltsamen Passagen das hochdramatische, bittere Ende an, mit dem der Autor sein Publikum vor den Kopf zu stoßen weiß und eine unglaubliche Betroffenheit auslösen wird. Das Stück ist Zeile für Zeile genau kalkuliert. Dennis Kelly weiß, was er tut, um das Publikum zum Nachdenken zu bringen und es am Ende sogar in Entsetzen, Trauer und Schmerzen zu stürzen.

Die junge Frau startet mit ihren Erinnerungen an ihre rauschhafte Jugend, in der sie offenbar „nichts ausgelassen hat“: Sex, Drugs and Rock’n’Roll, ihre „Saufen-Drogen-Ficken-Phase“ bis ihr Leben komplett orientierungslos und fad geworden ist. Sie will sich bei einem Trip durch die Welt wieder selber finden und herausfinden, was sie eigentlich will und kann. Nur wohin die Reise gehen soll, das weiß sie – auch im übertragenen Sinne – nicht.

Sie überlässt es dem Zufall und sticht mit einer Stecknadel in die Weltkarte und landet ausgerechnet in Duisburg. Der Lacher des Publikums reagiert auf die absurde und derbe, pointenreiche und rotzige Beschreibung der Frau. Das Stück beginnt als eine Art überdrehter Komödie, die Ivana Langmajer genüsslich ausspielt und mit einem überaus rotzigen, frechen Ton ausbreitet.

Neben dem genau kalkulierten Skript, dem man sich kaum entziehen kann, ist es vor allem Ivana Langmajer in der Rolle der namenlosen Frau zu verdanken, dass „Girls & Boys“ zu einem bemerkenswerten Abend wird. Das ist Schauspielkunst in Reinform. Mitreißend und beeindruckend!

Regisseurin Edina Hojas kann sich bei der Umsetzung ganz auf die Protagonistin verlassen. Sie kitzelt aus dem Spiel und der Performance von Ivana Langmajer alle Nuancen und Details heraus und verweigert sich allen Verlockungen mit allerlei visuellen Ablenkungen und Requisiten die Darstellung zu verwässern. Es zeigt sich: Weniger ist mehr. Die Regisseurin setzt auf die Fantasie und Vorstellungskraft der Zuschauer – und gewinnt!

„Girls & Boys“ spielt im Foyer des Theaters, wodurch zwar einerseits das Platzangebot begrenzt ist, aber die Nähe zur Bühne und zur Darstellerin den schauspielerischen Eindruck nur noch vertieft. Ivana Langmajer schlüpft so authentisch und vielseitig in ihre Rolle, dass einem buchstäblich die Spucke wegbleibt. Sie verleiht ihrer Figur so viel Tiefe und Glaubwürdigkeit, geradeso als ginge es um ihr eigenes Leben. Die Zuschauer sind von der ersten bis zur letzten Minute bei ihr, hängen an ihren Lippen und folgen ihrem Spiel bis in die feinsten Bewegungen und in jeden ihrer Blicke.

Der Text spielt mehr und mehr in den Köpfen der Zuschauer, die sich die „Szenen einer Ehe“ bis zum hochdramatischen Ende förmlich miterleben. Im Verlauf des Stücks verwischen Fiktion und Wirklichkeit, die Geschehnisse laufen vor dem inneren Auge ab und werden so zur erlebten Realität.

Ihren späteren Mann hat die junge Frau in der Schlange eines Easyjet-Flugs kennen gelernt. Er ist ihr auf den ersten Blick total unsympathisch und es braucht ein paar Wendungen, bis sie seine Vorzüge entdeckt. Mit ihm wird sich ihr Leben radikal verändern. Die beiden verlieben sich ineinander und heiraten. Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann und sie startet von Zufällen und Glück begleitet in ihrem Job und macht schließlich sogar Karriere. Sie avanciert zur Dokumentarfilmerin, sie ist politisch engagiert und plötzlich überaus erfolgreich und das trotz eines anstrengenden Familienleben mit zwei Kindern.

Auf den ersten Blick sieht alles perfekt aus. Mit der Liebe, den beruflichen Träumen, dem Familienleben. Doch als es mit ihrer Karriere so richtig bergauf geht und sie mit ihrem Erfolg abzuheben droht, geht es mit ihrer Ehe rasant bergab. Knackig derb und mit viel Humor wird die Geschichte eines ganz normalen Lebens erzählt, in dem sich das Paar in tradierten Geschlechterbildern verliert und die Not des jeweils anderen übersieht.

Mit dem Erfolg seiner Frau und ihrer wachsenden Selbstständigkeit weiß der Mann nicht zu umzugehen. Seine Rolle ist aus seiner eigenen Perspektive in Frage gestellt und angekratzt. Es kommt zu einem point of no return. Sein Geschäft läuft immer schlechter und endet schließlich in einem wirtschaftlichen Desaster. Er muss Insolvenz anmelden, steht vor seinem persönlichen Scheitern. Er flüchtet sich in Alkohol, eine Affäre und schottet sich bei Computerspielen komplett ab.

Dennis Kelly nutzt diese Ausweglosigkeit, um damit patriarchale und gesellschaftliche Strukturen demonstrativ vor die Wand fahren zu lassen. Die totale Sprachlosigkeit und die Unfähigkeit ihre Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen führt das Ehepaar geradewegs in die Katastrophe. Sie zieht aus, reicht die Scheidung ein und will die Kinder behalten. Der Mann erlebt dieses Abschotten als eine Verletzung und ein menschliches Desaster. Beide haben sie kein Konzept mehr wie sie die Krise meistern und den Konflikt menschenwürdig lösen wollen. Das menschliche Scheitern mündet bei ihm in eine schier unvorstellbare Aktion….

„Girls & Boys“ setzt sich radikal mit männlichen Verhaltensmustern und einer immer noch patriarchal geprägten Gesellschaft auseinander. Den Fragen, die Dennis Kelly mit seinem Stück aufwirft, kann man sich nicht entziehen.

Aus „Girls & Boys“ kommt man als Zuschauer anders heraus, als man reingegangen ist. Die Widerhaken bleiben hängen, die familiäre Katastrophe löst einen tiefen Schmerz und Betroffenheit, die offensichtlichen Diskrepanzen männlicher und weiblicher Rollen schmerzen. Sehenswert! [Westfalium]

Sie in Erwartung eines Filmpreises - er mit seiner Firma bankrott. Das kann nicht gut gehen, zumindest nicht, wenn er in alten, männlichem Dominanzmustern verhaftet ist. Die ungeordneten Verhältnisse müssen geradegerückt werden - und so wird „Girls & Boys" seinem harmlosen Titel nicht gerecht, sondern erzählt von einer Tragödie.

Nein, er hat keine Geliebte, er will nur von der Frau, die ihn mit ihrer Karriere überholt hat, nicht mehr angefasst werden. Sie widert ihn an. Ein Mann, der britische Autor, Dennis Kelly, hat das Stück als Monolog für eine Frau geschrieben, und Schauspielerin Ivana Langmajer füllt diesen mit Bravour aus. Das harte, aber auch berührende Stück hatte am Donnerstagabend am Wolfgang Borchert Theater in Münster Premiere. Ihn, dessen Name nicht ein einziges Mal über ihre Lippen kommt, hat sie in einer Schlange im Flughafen kennen gelernt. Er beeindruckt sie durch sein Auftreten, sie heiraten, haben zwei Kinder. Die Ehe läuft gut, sein Geschäft ebenso, die Ehefrau ergattert mit Raffinesse einen Job beim Film und erklimmt dort die Karriereleiter. Im Theaterfoyer, wo das Ein-Personen-Stück spielt, wähnt sich der Zuschauer inmitten einer fröhlichen Kennenlerngeschichte – wie ein Freund, der in gemütlicher Atmosphäre einer Freundin lauscht. In derber Sprache macht sich die Protagonistin über ihren Männerverschleiß lustig, mit viel Witz, dann über ihre erste Begegnung mit dem Zukünftigen („Der Typ war mir sofort unsympathisch“). Das Stück in der Regie von Edina Hojas startet als Komödie. Dann aber taucht die Protagonistin immer wieder in Alltagsszenen mit ihren Kindern ab, und legt so die Spannung auf Eis. Und dann kippt die Geschichte, und der Zuschauer von der Wohlfühlphase ins Entsetzen. Langmajer, überzeugt in dieser Phase besonders, und ihre emotionale Anstrengung ist ihr am Ende anzumerken. Der Ehemann, dass derangierte Familienoberhaupt, muss den Dingen nämlich wieder die rechte Ordnung geben. Die Firma vor die Wand gefahren, die beruflich immer erfolgreiche Frau (“Als würde ich ihm etwas antun.“) mit den Kindern weg – seine männliche Welt liegt in Scherben. Wer erwartet hat, im Stück werden antiquierte Geschlechterrollen in epischer Breite analysiert und verdammt, der irrt. Denis Kelly ist daran gelegen, die Abgründe zu zeigen, die mit männlicher Brutalität einhergehen. [Die Glocke]